Mama ist weg. Tot. Vater und Sohn sind allein und müssen gemeinsam über den Verlust hinweg kommen. Abends, wenn die Gedanken dunkel werden, fällt das besonders schwer. Dann kommt die Traurigkeit herein geschlichen, und Erinnerungen bevölkern den Kopf. Kein Wunder, dass sie beide nicht schlafen können. Dann wird ihnen viel Geduld für den anderen abverlangt.
Nach dem Bilderbuch „Papas Arme sind ein Boot“ des Autors Stein Erik Lunde und des Illustrators Øyvind Torseter entstand das gleichnamige Theaterstück für Kinder ab fünf Jahren und wurde nun auf der Bühne des Comedia Theaters uraufgeführt. Das Thema: Der Tod eines geliebten Menschen und das Umgehen der Hinterbliebenen miteinander.
Auf der Bühne des kleinen Saals ist eine Rundbühne aufgebaut. Helle Papierwände, weiße Bänke, mehr für Kinderpos als für breite Erwachsenenhintern gemacht. In der Mitte, von allen Seiten einsehbar: niedrige Kinderstühle, und -tische, Mikrofone, ein Computer mit Mischpult, Pizzakartons, ein Keyboard, Lampen, ein Diaprojektor.
Kinder und Erwachsene mischen sich. Trennen sich. Sitzen schließlich. “Mama, mach das Handy aus!“ Jaja, hat sie längst getan. “Papa, hier ist noch Platz!“ Papa sitzt längst, in Sichtweite, alles ist gut. Dann kann es ja losgehen. Die Schauspieler kommen still herein, spielen in der Mitte, zwischen den kleinen und großen Schauspielern.
Norman Grotegut und Matthias Meyer übernehmen abwechselnd die Rollen des Vaters, der um seine Partnerin trauert, und des Jungen, der seine Mutter vermisst. Sie agieren auf so liebevolle Weise miteinander, dass die Schwere des Themas mit einem Mal viel leichter daher kommt. Auf engstem Raum sprechen, spielen, toben und trauern sie miteinander. Meyer kreiert eigene Geräusche, die er aufnimmt, am Computer mit anderen Geräuschen mischt und auf diese Weise das Knistern eines Feuers im Kamin, einen Schneespaziergang oder Badezimmergeräusche erzeugt. Eisiger Wind, plätscherndes Wasser, Füße knirschen im Schnee.
Der Diaprojektor wirft Bilder an die Wände rings um die Zuschauer. Das Feuer flackert im Kamin. Knallrote Vögel scheinen vor dem Fenster zu fliegen. Das sind die Verstorbenen. Großformatige Zeichnungen, mit wenigen Strichen von Grotegut auf die Papierwände gemalt, vermischen sich mit den Projektionen und den Geräuschen. Ein kleiner Filmprojektor erweckt den roten Fuchs zum Leben und lässt ihn an den Wänden über den Zuschauer einmal um die ganze Bühne herum schleichen. Kinderstimmen, die vom Tod erzählen, erklingen aus dem Off.
Immer wieder werden Vater und Sohn von der Erinnerung an die Partnerin und die Mutter eingeholt. Jedes Mal finden die beiden zusammen, trösten sich gegenseitig und nicht nur einmal endet die gedrückte Stimmung in einem wilden Spiel. Plötzlich schneit es Taschentücher, die zwei brechen sie zu einer Schneewanderung und zur Sternenerkundung auf. Dabei sind Papas Arme wie ein Boot, das mit dem Jungen durch den Garten segelt.
Unter der Regie von Hannah Biedermann lassen die Schauspieler zahllose Bilder und Phantasien entstehen, die die Zuschauer durch ein Wechselbad aus Trauer und Fröhlichkeit manövrieren. Die unweigerlich an einen Haushalt mit Kindern erinnernde Bühnenausstattung von Brigit Kofmel fügt sich wunderbar in das Gesamtbild ein. Jedes Teil hat seinen Sinn und seinen Platz. Und immer wieder finden Bilder aus dem Kinderbuch den Weg auf die Bühne.
„Papas Arme sind ein Boot“ ist ein Stück für die Kleinen, das mit wenigen Worten auskommt und sich doch in die Herzen der Zuschauer einschleicht. Die Kinder sind begeistert (Vor allem wenn die Unterhose eines Schauspielers zu sehen ist). Die Erwachsenen stimmen der Meinung ihrer Kinder uneingeschränkt zu.
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