Na klar! – Senioren spielen Momo im Klecks-Theater

Niemand auf der Bühne trägt Momos bunten Flickenrock oder die alte, viel zu weite Männerjacke. Stattdessen sind in der Premiere von „soweit ich mich erinnern kann, war ich immer schon da“, einer Adaption von Michael Endes berühmtem Roman „Momo“, jungenhaft wirkende Kniebundhosen und brave Mädchenröcke zu sehen. Die Menschen, die in den Kindersachen stecken, sind alt: Peter Japtok, Gabriele Mittler-Gerstenberger und Martin G. Kunze sind allesamt über 70.
Sie verkörpern in dem ungewöhnlichen Theaterprojekt für Kinder ab acht Jahren unter der Regie von Hannah Biedermann nicht nur Momo, sondern auch Gigi Fremdenführer, Beppo Straßenkehrer, Herrn Fusi, den Friseur und die seltsamen grauen Herren aus Michael Endes Roman, die die Menschen um ihre Zeit – und damit zugleich um ihr Leben im Hier und Jetzt – betrügen. Sensibel und gut verständlich bereiten die drei Darsteller die Geschichte für die Bühne auf. Sie rezitieren Passagen aus dem Buch oder spielen sie mit immer neu verteilten Rollen, arbeiten mit Videoprojektionen und Musik und nutzen nicht nur die Bühne (Ausstattung Kristin Wolter), sondern auch den Zuschauerraum im KinderTheaterHaus.
Behutsam arbeiten die Darsteller auch das Thema Alter mit ein. Die Idee des Romans, dass die Menschen zu wenig Zeit haben und sie deshalb für später aufsparen, bekommt vor dem Hintergrund des letzten Lebensabschnittes eine neue Dimension. Wie war mein Leben, was hat mich geprägt, was mache ich mit der Zeit, die mir noch bleibt: Die Schauspieler setzen einige sehr berührende Akzente, indem sie persönliche Erfahrungen, Erinnerungen und Erkenntnisse einarbeiten.
An einer Stelle konnte man erleben, wie ungezwungen Kinder auf Fragen alter Menschen reagieren: „Kann es für einen sehr kranken Menschen wichtig sein, mit ihm noch ein letztes Mal in den Urlaub zu fahren?“ fragt Martin G. Kunze plötzlich in den Zuschauerraum. Alle schweigen. Nur ein Junge antwortet laut: „Na klar!“

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 27.08.2012